Wir sitzen gerade im Bus auf dem Rückweg ins wirkliche Leben. Die letze Woche haben wir sozusagen in völliger Abgeschiedenheit, ohne Internet und Handy verbracht. Wir sind in Maranhão! Matthias ist mittlerweile schon seit 3 Wochen in Brasilien. Die erste Woche haben wir in Rio verbracht, natürlich die klassischen Touristenziele abgeklappert und das „einigermaßen“ Wetter genossen. Wir waren auf dem Zuckerhut, haben den Christo besucht, sind die Promenade in Copacabana langflaniert, haben den Jardim Botânico angeguckt und waren in Lapa Forró tanzen. Wir sind mit dem Teleférico über den „Complexo do Alemão“ gefahren (siehe früherer Blogeintrag). Aber wir wollten ja auch noch ein bisschen was anderes sehen als nur Rio. Also gings nach Ilha Grande, einer Insel in der Nähe von Rio. Dort waren wir wandern und vor allem Schnorcheln. Der Abstecher dorthin hat sich gelohnt. Am Montag Abend waren wir zurück in Rio um Dienstag früh den Flug nach São Luís (Distanz ca. 3000km) im Nordosten Brasiliens anzutreten.
Wir also früh aufgestanden und sozusagen ohne Frühstück (gabs nämlich eigentlich erst ab 8.00h, Kaffee haben wir aber bekommen) zum innerstädtischen Flughafen gefahren. Schon bei der Hinfahrt ist mir das ZIEMLICH trübe Wetter aufgefallen, allerdings hatte ich noch keine Erfahrung mit dem Flughafen, sodass wir nichts ahnend dort eintrafen. Die Besonderheit des Flughafens ist, dass er im Wasser liegt, eine extrem kurze Start- und Landebahn hat und die startenden Flugzeuge quase direkt in den Zuckerhut reinfliegen. Aus diesem Grund ging dann leider auch an besagtem Dienstag überhaupt nix mehr. Der Flughafen war geschlossen. Wir checkten zwar ein, aber nur um dann nach einigen Stunden warten in der Abflughalle wieder unser Gepäck zu holen, uns in die Endlosschlange der Fluggesellschaft einzureihen und wieder 2 Stunden später ein Ticket nach Canadá zu bekommen, ein Hotel in Copacabana mit 70er Jahre Charme. Eine glückliche Fügung des Schicksals. Zwar war das Hotel Canadá absolut nix für uns (Dank der absolut „reizenden“ Rezeptionisten), aber wir wurden gebührend entschädigt durch einen tollen Sonnenuntergang am Apoador, den ich bisher auch noch nicht gesehen hatte( ja ich schäme mich, und zu Recht!). Wir mussten auch unsere Reisepläne ein bisschen organisieren, das Hotel in São Luís informieren. In der Hauptstadt von Maranhão wollten wir eigentlich 2 Tage bleiben und Donnerstag weiter nach Santo Amaro reisen. Nun hatte sich aber alles geändert durch die Flugverzögerung. Statt Dienstag Nachmittag sollten wir nun Donnerstag früh (02.15h) in São Luís ankommen und wir wollten eigentlich am gleichen Vormittag weiterreisen. Also entschlossen wir uns kurzerhand das Hotel in São Luís komplett zu stornieren, auf dem Flughafen die Nacht zu verbringen und dann einfach Vormittags weiterzufahren. Wie es das Schicksal aber so wollte hatte ich in unserer Unterkunft in Santo Amaro nachgefragt wie wir am besten zu Ihnen kommen könnten (in Google Maps gibts den Ort nämlich nicht!!!) und die haben uns kurzerhand einen Transfer um 03.00h nachts organisiert. Wie sich herausstellen sollte die perfekte Reisezeit, hier wird es tagsüber nämlich brütend heiss.
Der Transfer war reserviert und der Fahrer sollte uns am Flughafen finden(Miniflughafen, also eigentlich kein Problem), aber er kam einfach nicht. Ich hatte aber leider auch keine Nummer und keinen Namen des Fahrers, aus zeitlichen, organisatorischen Gründen. Ich hatte aber die Nummer unserer Pousada (Pension) und hab kurzerhand zwei Brasilianerinnen angesprochen, die ebenfalls auf ihren Transfer warteten. Sie sollten mit dem Pousadachef sprechen und das abklären, denn Telefon, Portugiesisch und 3Uhr morgens haben alle auf einmal nicht so ganz zu meiner Verfassung gepasst. Es stellte sich raus das wir den gleichen Minivan nehmen sollten. Gott sei Dank! Vor allem gerade noch erwischt. Die Reise war ziemlich abenteuerlich. Der erste Teil sollte in diesem Van stattfinden und der zweite Teil in einem Toyota. OK. Aber was ist den so Besonderes an einem Toyota? Dazu gleich mehr.
Der Van hatte keinen Kofferraum , sodass alles Gepäck im Türbereich aufgestapelt wurde. Und das war viel. Interessant war nur, dass wir noch in São Luís einige Leute einsammelten und der Beifahrer bei jedem neu einsteigenden Fahrgast alles Gepäck ausludt, den Gast einsteigen ließ um danach noch mehr Gepäck, mit einer Gelassenheit die uns zum Staunen brachte, wieder einzuladen. Das ging so bestimmt 4 mal. Dann ging die Reise los. Es war anfangs noch unheimlich heiss im Auto, dass übervoll besetzt war, doch je weiter wir in die Pampa fuhren desto kälter wurde es, vor allem auch durch den Fahrtwind. Schließlich saßen die beiden Gringos in der letzten Reihe mit dicken Winterjacken und Kapuzen auf dem Kopf. Das schwarze Mädchen von vorne guckte immer wieder mißtrauisch nach hinten. So komische Vögel hatte sie auch noch nicht gesehen!
Die Reise in die Wüste
Maranhão ist bekannt für eine riesige Dünenlandschaft mitten in bewachsenem Gebiet und zieht sich bis zum Meer. Zwischen den Dünen gibt es in dieser Jahreszeit „normalerweise“ riesige Süßwasserseen aus der Regenzeit. Dieses Jahr ist allerdings nicht besonders viel Wasser runtergekommen. Nun aber zur Reise nach Santo Amaro. Nach mehrstündiger Fahrt im Van gings dann um 7.30h ans Umsteigen in den Toyota. Der stellte sich als Monsterjeep mit 3 outdoor, hochliegenden Sitzbänken à 3 Personen heraus. Der Anblick ließ uns schon ein bisschen erahnen was wir wohl nun zu erwarten hatten. Wir verließen die asphaltierte Straße und tauchten ein in die Steppenlandschaft mit Cashewbäumen. Die Weg bestand aus gelbem Wüstensand. Die nächsten 2 Stunden ruckelten wir auf diesem Weg, mal quasi schwimmend mal hoppelnd, mal rasend. Da wir schon eine ganze Nacht unterwegs waren, waren wir entsprechend müde und Matthias wäre einmal fast von der Sitzbank in die angrenzenden Sträucher gekippt als er kurz einnickte. Es war eine spektakuläre Fahrt. Alle halbe Stunde kamen wir mal an einem Haus der „Ureinwohner“ vorbei, die hier so ziemlich autark leben. Ein paar Schweine, ein paar Dinosaurierhühner (die sehen aus wie Miniflugsaurier), ein paar Kühe und vielleicht noch ein Pferd oder Esel.
Als wir in Santo Amaro ankamen war uns klar warum Google Maps den Ort nicht kannte. Außer dem Sandweg mitten durch die Pampa, den auch nur die Einheimischen durchblicken mit ihren vielen Verzweigungen und ohne einem einzigen Hinweisschild, führt da nichts hin und auch im Ort ist die Hälfte der Straßen noch aus Sand. Hier verbrachten wir die nächsten 3 Tage mit Ausflügen in die Dünen, baden in klaren und wunderbar warmen Flüssen und Seen.
Beim zweiten Ausflug lernten wir Bruno kennen. Einen brasilianischen Touristen (außer uns gab es fast nur brasilianische Touristen, wir kamen uns vor wie Aliens) und unser Retter. Matthias und ich hatten die Reise bis Santo Amaro geplant und wollten anschließend gerne noch ein paar Tage ans Meer. Vor Ort wollten wir uns erkundigen wo es schön sei. Nur das keiner ne Ahnung hatte. Entmutigt wollten wir unseren Flug umbuchen nach Salvador und von da aus zurück nach Rio, allerdings standen einige Hürden im Weg. Woher Internet nehmen? Das Internetcafé macht hier wohl nur ab und zu mal auf, aber wir fanden die „örtliche“, ehrenamtliche, 6qm große Radiostation, in der wir für eine halbe Stunde das Internet nutzen durften. Wir mussten den Plan der Umbuchung verwerfen, viel zu teuer!
Gott sei Dank trafen wir aber eben Bruno am folgenden Tag. Der hatte schon einiges hier in der Gegend besucht und teilte seine Geheimtips mit uns. Er machte uns sozusagen den restlichen Reiseplan fertig, samt Hotel Namen. Danke Bruno, das war echt Gold wert. Abends wollten wir noch gemeinsam ein Bierchen im Ort trinken gehen und ich hatte ihm vorher schon erzählt von anderen Brasilianern, die Schwierigkeiten hatten abends ein Bier im Ort zu bekommen. Konnte das wirklich wahr sein? Im ersten Laden bekamen wir kein Bier. Im zweiten auch nicht, aber immerhin den Tip es mal bei der Pension auf der anderen Seite des Platzes zu versuchen. Da war das Bier leider aus, allerdings mit dem Hinweis es nochmal auf der anderen Seite des Platzes in einem anderen Laden zu probieren. Im vierten Anlauf gabs dann endlich das ersehnte Bier und wir verlebten einen lustigen Abend mit Bruno und Johannes, einem anderen deutschen Austauschstudenten, den Bruno in seiner Pousada aufgegabelt hatte.
Am nächsten Tag gings dann los nach Brunos Plan. Auf nach Barreirinhas. Wir zuckelten 2 h mit dem Toyota bis wir endlich auf eine Straße trafen. Dort sollten wir dann warten auf einen Bus der uns mit zu unserem Ziel nehmen sollte. Es kam kaum etwas vorbei und vor allem hielt keiner an. Um 12h sollte ein leerer Bus vorbei kommen, der auf jeden Fall halten sollte. Kurz vor 12 bezogen wir also wieder Stellung an der Straße und winkten. Es fuhr wieder ein Bus vorbei, der allerdings wohl nicht halten wollte. In 150m Entfernung kam er dann doch zum Stehen, drehte um und kam zu uns zurück. Der Bus gehörte einer italienischen Privattruppe, die uns netterweise mitnahm, sodass wir nicht mehr warten und auch nix bezahlen mussten. Yippieh. Grazie Ragazzi.
In Barreirinhas angekommen gingen wir zur Touristenagentur die Bruno empfohlen hatten, buchten eine supergünstige Pousada im Zentrum für eine Nacht, arrangierten die Weiterfahrt zum Meer für den nächsten Tag, den Rücktransfer nach Barreirinhas und auch gleich nach São Luís. Den Nachmittag verbrachten wir mit einem weiteren Ausflug in die Dünen mit Sonnenuntergang gucken, was auch echt zum Sterben schön war(um mal im Carioca Ton zu schreiben). Die Pousada war echt gut. Zentral gelegen und sehr günstig. Das Preisleistungsverhältnis beeindruckte uns. Besonders vom Frühstück waren wir überrascht, bei dem Preis. Fürs Frühstück musste man raus aus der Pousada und die Straße ein Stück runter zum Frühstücksrestaurant. Irgendwie hat die Kommunikation nicht so ganz hingehauen und wir sind zum nächstgelegenen Frühstück marschiert. Wie sich im Nachhinein herausstellte waren wir in der Pousada nebenan frühstücken. Ich hatte mich schon gewundert warum die Leute so komisch gucken als wir einfach reinmarschiert kamen und uns setzten. Aber alles kein Problem. Ich habe mich danach für das Missverständnis entschuldigt (wir mussten nicht mal was zahlen) und haben den ganzen Tag über herzlich darüber gelacht. Nach dem Frühstück ginge weiter mit dem Boot nach Caburé, der Ort (3Pousadas, ca. 10Touristen, keine Einwohner) an dem der Rio Preguiça ins Meer fließt. Er liegt auf einer Landzunge, auf der einen Seite Meer, auf der anderen Fluss. Wir hatten eine Hütte mit zwei Hängematten davor und Blick auf den Sonnenuntergang. Hier waren wir 2 Tage und haben die Einsamkeit genossen, denn es war außer uns kaum jemand da. Wir sind auf der einen Seite im warmen Fluss geschwommen und auf der anderen Seite im unwesentlich kühleren Meer. Außerdem haben wir ein nettes Ehepaar aus São Paulo kennengelernt mit denen wir Caipirinha und Bier genossen haben. Heute haben wir den Rückweg angetreten, gerade auf dem Weg nach São Luís und morgen wieder ab nach Rio.
Bilder gibt es in den nächsten Tagen erst. Wir haben zwar mindestens eine Million gemacht, aber noch nicht ausgesucht. Das wird noch Arbeit.
Beijos